25.10.2022
Sanierung Keramikfassade der Stadthalle Göttingen
Göttingen – Die Fassade der Stadthalle Göttingen besteht seit über 50 Jahren aus Keramikplatten in verschiedenen Glasuren und Geometrien. Im Zuge der Sanierung wurde die m&r Manufaktur GmbH mit der Herstellung neuer – und der Aufbereitung bestehender Kacheln beauftragt. Anders als im Ursprungsentwurf sieht die Ausführung heute eine vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF) vor. Als Experten für dreidimensionale Architekturkeramik und Glasurentwicklung lieferten wir neue Glasuren, eine neue Geometrie und die professionelle Weiterverarbeitung für über 6.000 Bestandskacheln.
Der Anker des Ostens
Die Stadthalle gilt als Wahrzeichen des Göttinger Ostens und bietet seit jeher regionalen und überregionalen Veranstaltungen eine Bühne. Sie wurden vom Architekten Rainer Schell († 2000) entworfen und 1964 eröffnet. Die auffallende Fassade aus mehrfarbigen Keramikfliesen besteht seit damals und prägt das Stadtbild nachhaltig. So war es nicht verwunderlich, dass bei der fälligen Sanierung der Entwurf gewann, der der bestehenden Optik am meisten Respekt zollte.
Der Entwurf des Architektenbüros soll sasse architekten BDA aus Dortmund besinnt sich auf das Vorhandene, berücksichtigt den Charakter des Gebäudes und bewahrt das ursprüngliche Konzept von Rainer Schell.
Nachhaltigkeit auf mehreren Ebenen
Zum Erhalt der markanten Keramikfassade als Objekt der Identifikation, sollten so viele Bestandkacheln wie möglich bewahrt werden. Formseitig ist ein neues geometrisches Relief hinzugekommen. Zwei neue Glasurfarben hat die m&r Manufaktur in enger Abstimmung mit den federführenden Architekten Inga Soll und Heiko Sasse entwickelt. Sowohl die alten Fassadenfliesen als auch die neuen Steinzeug-Objekte bestehen aus 100 % natürlichem Material.
Alle demontierten Kacheln sind nach ihrem Transport in unsere Westerwälder Manufaktur professionell von Smog, Silikonen, Kleber und Graffiti gereinigt worden. In einem weiteren Schritt erfolgte die Vorbereitung für die neue und ökologisch effiziente Anbringung als VHF. Dazu wurden die Kacheln im Labor der fischerwerke GmbH & Co. KG verschiedenen Prüfungen unterzogen. Nach Analyse des Ausbruchverhaltens konnten die Vorsehungen zur Wiederbefestigung mit denen der neuen Kacheln harmonisiert und durchgeführt werden. Insgesamt ist jede Kachel – ob Bestand oder neu – mit jeweils vier Hinterschnittbohrungen versehen.
Da die Bestandskacheln vormals verfugt waren und nach der Aufbereitung helle Kanten aufwiesen, nahm unser Team noch eine optische Bearbeitung vor: Alle wiederverwendeten Fliesen sind an den Kanten mit spezieller Fassadenfarbe abgetönt, da die Fugen beim Verbau als VHF offen- und die Kanten dementsprechend sichtbar sind. Ein helles Herausblitzen der Kanten hätte erstens einen Unterschied zu den neuen Kacheln offenbart und zweitens das Gesamtbild beeinträchtigt.
3.000 neue dreidimensionale Kacheln
Die aufbereiteten Bestandskacheln sind um ein neues geometrisches Relief ergänzt. Das traditionelle Gießkeramikverfahren der m&r Manufaktur eröffnet im Vergleich zu anderen Formgebungsverfahren einen sehr großen Gestaltungsspielraum, sodass die Formvorstellungen der Architekten exakt umgesetzt werden konnten.
Das Ergebnis ist eine Fassade, die den Nachhaltigkeitsgedanken auf mehreren Ebenen trägt und die die Stadthalle Göttingen unter Berücksichtigung von ökologischen Gesichtspunkten, als Objekt der Identifikation erhält.